Kapitel 8


Nach drei Tagen Ruhe muss ich zum abschließenden Interview. Ich sehe nun nicht mehr aus wie eine Wilde. Als ich aus der Arena kam war ich struppig, zerzaust, vollkommen abgemagert und schmutzig. Über meine Wange zieht sich immer noch eine feine, weiße Narbe. Sie wird mir als Andenken bleiben. Und tatsächlich tun sie es mir an. Ich muss  mir die komplette Zusammenfassung der Hungerspiele ansehen. Zum Glück haben sie die Ernten ausgelassen und starten gleich mit den Spielen. Es ist schwierig, das alles anzusehen, noch einmal mitzuerleben. Vor allem, weil jetzt alle anderen tot sind. Das erste Gemetzel am Füllhorn wird sehr ausführlich gezeigt, vor allem, wie es Bounce zerriss. Wie sehr seine Eltern leiden müssen. Ich sehe, dass Tarlan sich aus der Abschlachterei raus gehalten hat und merke, dass ich fast die ganze Zeit über ein falsches Bild von ihm hatte. Dann bin ich zu sehen, wie ich die kleine, heulende Mary von dem ganzen Spektakel weg ziehe. Es ist natürlich klar, dass sie jetzt dem Fokus besonders auf mich legen, denn ich bin die Gewinnerin. Jeden einzelnen Tod zeigen sie in voller Länge. Es ist grausam. Als nächstes erscheine ich auf dem Bildschirm, wie ich Tara aus dem Gestrüpp ziehe und ich muss schlucken. Die nächsten Tage werden etwas kürzer zusammengefasst, doch ich kann trotzdem erkennen, weshalb dort nichts unternommen wurde, um das ganze wieder anzutreiben. Sie haben ein Drama draus gemacht. Eine rührende Geschichte. Das Außenseitermädchen, das aus Mitleid ein klapperiges Pferd aufnimmt und sich mit ihm anfreundet. Am Ende stirbt es auf tragische Weise. Ich balle die Fäuste vor Wut.
Der nächste Schwerpunkt legt sich auf Tarlan und mich. Am liebsten hätten sie wahrscheinlich eine Liebesgeschichte gehabt. Wenigstens das konnten wir ihnen verwehren. Sein Tod wird als tragische Heldentat dargestellt. Als wäre er der große Beschützer gewesen, der sich für das kleine Mädchen geopfert hat und noch einen großen Gegner getötet hat um es ihr leichter zu machen. Streng genommen war es ja auch so. Aber ich ärgere mich, dass sie es so dramatisch machen müssen. Aber das sind die Hungerspiele. Eine einzige, abartige Fernsehshow. Auch mein Sieg über Manou und mein Anfall werden in voller Länge gezeigt und ich schäme mich so. Ich hätte ihn auch etwas würdevoller umbringen können. Die Angst hat ein Monster aus mir gemacht.

Nach der Zusammenfassung stellt Caesar mir viele Fragen, ich antworte nur mechanisch. Ich denke an Tarlan. Es ist gekommen, wie er es wollte. Ich habe gewonnen. Doch wenn ich mit etwas Abstand auf die Spiele zurück sehe, merke ich, dass mein Leben von Anfang an nicht in meiner Hand lag. Es lag in der Hand der Spielmacher. Und diese Erkenntnis tut weh.






Von einem Fan für Fans geschrieben. Möge das Glück stets mit euch sein.

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